Der letzte Akt - Kriminalroman by Haymon Verlag

Der letzte Akt - Kriminalroman by Haymon Verlag

Autor:Haymon Verlag
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Haymon Verlag
veröffentlicht: 2014-01-31T16:00:00+00:00


Mein Kopf ist dumpf. Die Lippen kleben trocken aneinander. Die Lider müssen ziemlich geschwollen sein, sonst würden sie sich leichter öffnen lassen. Meine Blase quält mich und ich habe Durst. Trotzdem kann ich mich nicht entschließen, aus dem Bett zu kriechen. Das wäre ein Zugeständnis an den Tag, der mir schon jetzt drückend wie ein Steinhaufen auf der Seele lastet.

Ich taste nach dem Wecker, der auf dem Regal über meinem Bett steht. Halb neun. Kein Wunder, daß ich mich so zerschlagen fühle. Ich richte mich langsam auf. Der Druck in meinem Kopf nimmt zu. Zumindest von der Arbeit sollte ich mich abmelden. Vor meinen Augen tanzen zur Abwechslung grüne Punkte, während ich mich vorsichtig aufs Klo und dann in die Küche taste. Das kalte Wasser verursacht mir schon nach den ersten Schlucken Übelkeit.

Meine Stimme muß übel klingen, denn Frau Wallner, die Sektretärin meines Chefs, wünscht mir ganz herzlich baldige Besserung. Sie bittet mich, noch einmal anzurufen, falls ich einen Krankenschein brauchen sollte. Nachdem ich aufgelegt habe, stelle ich das Telefon ab. Der letzte, mit dem ich jetzt reden möchte, ist Thomas.

Mit einer Decke, einer Tasse Kräutertee und einem Notizblock, ziehe ich mich auf mein Kuschelsofa zurück. Ich schließe die Augen und versuche, mich zu entspannen, bis die Wirkung der Schmerztablette einsetzt. Eine halbe Stunde später ordne ich meine Gedanken auf dem Notizblock.

Gerhard ist an einer Überdosis gestorben. Hatte er etwas mit Antonias Tod zu tun? Hat er sie womöglich in einem Streit umgebracht? Ich verwerfe diese Variante. Wenn Gewalt angewendet worden wäre, hätten Spuren entdeckt werden müssen. Außer Hämatomen älteren Datums hatte die Gerichtsmedizin aber nichts entdeckt, wie Mona in Erfahrung gebracht hatte. Gerhard als heimtückischer Mörder, der sein Opfer zuerst mit Tabletten und Alkohol betäubt und anschließend langsam, fast zärtlich in die Badewanne zieht, ihr die Beine hochhält und zusieht, wie die Luftblasen leise an der Oberfläche des parfümierten Wassers zerplatzen? Das übersteigt sogar meine Vorstellungskraft. Dann bleiben nur noch zwei Möglichkeiten. Gerhard hat sich selbst umgebracht, weil er das Leben ohne Antonia nicht ertragen hat. Solche Paare soll es ja geben. Sie können weder mit- noch ohne einander sein. Oder, Gerhard hatte etwas gewußt und ist als Zeuge, als Mitwisser, als potentielle Gefahr vom Täter beseitigt worden.

Nachdenklich kaue ich am Ende meines Bleistifts. Die ersten Strahlen der blassen Wintersonne spiegeln sich in den Regentropfen, die am Balkongeländer hängen. Mein Zeigefinger gleitet die K's entlang. Michael hat sich nicht ins Telefonbuch eintragen lassen. Vielleicht ruft er mich an? Ich überlege, ob ich das Telefon wieder anstellen soll. Das Risiko, von jemand anderem angerufen zu werden, ist zu groß. Hat er überhaupt meine Nummer? Ich erinnere mich nicht, sie ihm gegeben zu haben. Aber ich stehe wenigstens im Telefonbuch. Wenn er also wollte … Ich beschließe, mich heute mit keinen Wenns ins Land der Tagträume abdriften zu lassen. Mit jemandem möchte ich aber reden, sonst fällt mir noch die Decke auf den Kopf.



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